Ein Handschlag - Obama und Putin
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Ein Handschlag - Obama und Putin
Die Erwartungen an Barack Obama und Wladimir Putin vor ihrem Gipfel in New York waren groß. Nach zwei Reden, einem Sektempfang und einem langen Gespräch ist man in Sachen Syrien nicht viel weiter. Aber wenigstens: Man redet wieder miteinander.
New York (dpa) - Es war ein Handschlag der denkbar kältesten Art. Zwei Sekunden kurz, kein einziges Wort, ein ganz schneller Blick in die Augen nur. Und dann gleich wieder weg hinter die nächste Tür. Bei ihrem ersten gemeinsamen Kameratermin nach langer Pause haben weder US-Präsident Barack Obama noch Kremlchef Wladimir Putin irgendwelche Bemühungen gemacht, ihre gegenseitige Abneigung zu verbergen.
Der Rest der Inszenierung - ein karger Miniraum der UN-Zentrale in New York, geschmückt mit jeweils zwei Flaggen der beiden Großmächte - tat sein Übriges dazu, dass bei vielen in den Vereinten Nationen die Erinnerungen an die Jahre des Kalten Kriegs wieder aufkamen. Das Boulevardblatt „New York Post“ titelte am Dienstag über den Zweiergipfel knapp: „COLD WAR“.
Vermutlich ist das dann aber doch ziemlich übertrieben. Trotz der frostigen Stimmung zu Beginn saßen Obama und Putin schließlich mehr als anderthalb Stunden zusammen. Insgesamt 94 Minuten, auf neutralem Boden, in einem der Beratungszimmer, die der UN-Sicherheitsrat im zweiten Stock zur Verfügung hat. Den Amerikanern zufolge ging es in der ersten Hälfte um die Ukraine, in der zweiten Hälfte um Syrien.
Viel schlauer ist man nach der Begegnung in beiden Fällen nicht. Die Informationen flossen von beiden Seiten zunächst nur spärlich. Putin nannte das Gespräch vor Reportern anschließend „geschäftsmäßig“, zu seiner Verwunderung aber auch „offen“ und „sehr konstruktiv“. Aus dem Weißen Haus hieß es: „Hier ging es nicht darum, den anderen zu übertrumpfen. Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, einen Weg zu finden, wie wir mit der Lage in Syrien umgehen.“
Was nichts daran ändert, dass es immer noch enorme Meinungsverschiedenheiten über die Strategie gibt - insbesondere, was die Zukunft von Präsident Baschar al-Assad angeht. Für Putin ist der Machthaber Garant dafür, dass Syrien nicht völlig zerfällt und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dort Oberhand gewinnt. Obama hatte Assad vor der UN-Vollversammlung hingegen einen „Tyrannen“ genannt, mit dem nach mehr als 250 000 Toten keine Lösung des Bürgerkriegs möglich sei.
Wie eine solche Lösung aussehen könnte, ist auch nach den UN-Reden der beiden, einem gemeinsamen Sektempfang und ihrem Gipfel nicht zu erkennen. Auf der Positivseite wird aber vermerkt, dass man offensichtlich im Gespräch bleiben will - auch, was Assad angeht. So legte sich Putin in der Vollversammlung nicht darauf fest, wie lange er den Diktator noch halten will. Bei Obama ließ das Wort von einem „geregelten Übergang“ aufhorchen, den es nach Assad geben müsse.
Hinter den Kulissen, so berichtete am Dienstag die „New York Times“, gibt es schon heftige Diskussionen, wie lange eine „Übergangsperiode“ mit einer neu gebildeten Regierung dauern könnte und wie viele Leute aus Assads engerem Umfeld in Damaskus bleiben dürften. Das ist Bestandteil des diplomatischen Pokers, der parallel zu den rhetorischen Scharmützeln und den grimmigen Auftritten vor den Kameras im Gang ist.
Dazu gehören auch Überlegungen, wie man die internationalen Syrien-Gespräche wieder in Gang bringen kann. Eine der Varianten ist, die Gruppe der fünf UN-Vetomächte und Deutschland (5+1), die im Sommer den Atomkompromiss mit dem Iran zu Stande brachte, zum Kern einer neuen Syrien-Kontaktgruppe zu machen. Am Montagabend trafen sich die Außenminister der Gruppe zum ersten Mal wieder in New York. Das größere Problem wäre dann allerdings noch, Staaten wie den Iran, Saudi-Arabien und die Türkei einzubinden.
Von einer deutschen Vermittlerrolle im Syrien-Konflikt will Außenminister Frank-Walter Steinmeier deshalb nichts wissen. Deutschland könne aber helfen, „Brücken zu bauen“ - zwischen den USA und Russland, aber auch zwischen Syriens vielen zerstrittenen Nachbarn in der Region. Zugleich ist Steinmeier in New York äußerst bemüht, die Hoffnungen auf eine baldige Lösung des Syrien-Konflikts zu dämpfen. Auch in der Bundesregierung ist man sich noch nicht sicher, was die UN-Woche letztlich bringen wird.
Derweil waren Russlands Staatsmedien bemüht, den Auftritt ihres Präsidenten als großen diplomatischen Sieg zu deuten: die Rückkehr Putins auf die internationale Bühne. Mancher in Moskau erinnerte daran, dass er schon einmal Obama auf seine Seite gezogen habe. Das war 2013, beim Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in St. Petersburg, als Assad zur Vernichtung seiner Chemiewaffen gedrängt wurde - eines der wenigen Hoffnungszeichen, die es in viereinhalb Jahren Bürgerkrieg bislang gab.
Und natürlich fehlt dann auch nicht der Hinweis darauf, dass Putin schon am Freitag seinen nächsten großen Auftritt haben wird. Dann trifft er sich in Paris mit Kanzlerin Angela Merkel, Kiews Staatschef Petro Poroschenko und Frankreichs Präsident François Hollande zu einem neuen Ukraine-Krisengipfel zusammen. Obama ist dann nicht dabei.
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