Holstein Kiel: Mörschels Geistesblitz rettet Störche

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Holstein Kiel: Mörschels Geistesblitz rettet Störche

Zweite Liga: Störche-Joker sticht spät beim 1:1 gegen Liga-Primus Köln – Kiel wahrt Heimnimbus – Defensivfest statt Offensivfeuerwerk

Alles schien an diesem herbstlichen Sonnabendnachmittag den Gesetzmäßigkeiten des Profifußballs zu unterliegen. Der 1.FC Köln, Top-Aufstiegsfavorit der Zweiten Liga, steuerte in Kiel trotz einer keineswegs bundesligareifen Vorstellung seinem fünften Sieg im fünften Auswärtsspiel dieser Saison entgegen. Dann schlug Störche-Innenverteidiger Dominik Schmidt einen 40-m-Hoffnungspass in Richtung Abwehrzentrum der Gäste.

Dort kam es zu einem Slapstick-Missverständnis zwischen Jorge Meré und Keeper Timo Horn. Holstein-Joker Heinz Mörschel spritzte mit der Intuition eines Torjägers dazwischen und köpfte zur Begeisterung der Kieler Fans unter den 9700 Zuschauern zum gerechten 1:1 (0:1)-Endstand ins leere Geißbock-Gehäuse ein. Der ultimative Stimmungshöhepunkt einer insgesamt zähen Auseinandersetzung. Nur 120 Sekunden später ertönte der Abpfiff. Und urplötzlich stand der 21-jährige Mörschel im Rampenlicht. Ganze zehn Zweitliga-Minuten hatte der offensive Mittelfeldspieler vor dieser Partie absolviert. War zwischenzeitlich ob der geringen Spielanteile schon der Verzweiflung nahe. Diesmal durfte er bereits nach 53 Minuten den Rasen für den emsigen, aber in vorderster Front glücklosen Benjamin Girth betreten.


Glückliches Händchen

Eine goldene Einwechslung von KSV-Trainer Tim Walter. „Sein Einsatz hatte sich durch seine guten Trainingsleistungen abgezeichnet. Ich freue mich wirklich sehr für Heinz. Heute hat er das erste Mal die Intuition gezeigt, die ich fordere, und ist in die Tiefe gelaufen“, sagte Walter später. Mörschel selbst strahlte übers ganze Gesicht: „Wir haben hart gekämpft und am Ende verdient einen Punkt mitgenommen. Ich habe spekuliert und so mein erstes Tor für Holstein gemacht und damit der Mannschaft geholfen. Das ist ein schöner Tag für mich.“

Schön waren auch die mit seinem Erfolgserlebnis verbundenen Statistiken: Die Störche bleiben zu Hause ungeschlagen (zwei Siege, drei Remis). Und sie sind seit dem Zweitliga-Aufstieg 2017 von Erstliga-Absteigern nicht zu bezwingen (zwei Siege, vier Unentschieden). Weniger schön anzusehen gewesen war indes zuvor das Treiben auf dem Feld. Der gegenseitige Respekt diktierte die Matchpläne. Defensive Disziplin statt des erhofften Offensivfeuerwerks. Zahllose Zweikämpfe und Fehlpässe in der neutralen Zone des Spielfeldes. Ideen und Mut in und an der gegnerischen Box, Turbo-Tempo, packende Torraumszenen? Fast ausnahmslos Fehlanzeige. Selbst der Führungstreffer der im Vorfeld gefürchteten Tor-Maschine aus Köln entsprang eher dem Zufall.

Keine Rosen zum Wiedersehen

Der Ex-Kieler Dominick Drexler, von den KSV-Anhängern über 90 Minuten ausgepfiffen, lief im toten Winkel von Schmidt, der seinen ehemaligen Kollegen beim folgenden Abwehrversuch eher unabsichtlich im Strafraum zu Fall brachte. „Dominik zieht durch und trifft mich am Fuß. Ich glaube, dass es ein klarer Elfmeter war“, gab Drexler später zu Protokoll. Es war zumindest eine vertretbare Entscheidung von Schiedsrichter Robert Kampka. Effzeh-Chef-Knipser Simon Terodde ließ sich nicht bitten, erzielte in der 42. Minute vom Punkt seinen 13.Treffer in dieser Serie. Dass er in der 52. Minute die Chance zum 2:0 ausgelassen hatte, war für Markus Anfang ein Knackpunkt. „Wenn wir da treffen, haben wir die drei Punkte sicher“, so der ehemalige Störche- und jetzige Köln-Coach.

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In der Tat, obwohl die Gastgeber im ausverkauften Holstein-Stadion sowohl in der Anfangsviertelstunde als auch teils in Durchgang zwei die aktivere Mannschaft stellten, musste Timo Horn zwischen den FC-Pfosten während der unterhaltungsarmen 90 Minuten nicht einmal zupacken. Dennoch durften sich die Störche über den Achtungserfolg nach einer starken Arbeit im Spiel gegen den Ball zurecht freuen. „Wir mussten nach dem Rückstand immer im Hinterkopf behalten, geduldig zu bleiben, um nicht entscheidend in einen Konter zu laufen. Der Plan ist aufgegangen. Beide Teams wussten, was auf sie zukommt. Niemand hatte offenbar ein Interesse an einem 6:6“, resümierte KSV-Kapitän David Kinsombi. Getreu dem Motto: das 1:2 in Aue verarbeitet, dem Favoriten getrotzt und vor dem Gang zum FC St. Pauli einen wichtigen Zähler für den Kopf verbucht.

von: 
Tim Storbeck