Unser Sonnensystem - Wilde Zeiten
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Unser Sonnensystem - Wilde Zeiten
Das Staubkorn war aus dem Schweif eines 350 Millionen Kilometer entfernten Kometen gefischt worden. Jetzt, unter dem Elektronenmikroskop eines unterirdischen Labors der Universität von Washington, wird es auf dem Computerbildschirm größer und größer, bis es wie eine außerirdische Landschaft wirkt. Dave Joswiak zoomt einen dunklen Fleck heran, 900000-fach vergrößert. Der Fleck verwandelt sich in winzige schwarze Körner. «Das hier ist vermutlich ursprüngliches, unverändertes Material, aus dem alles im Sonnensystem entstanden ist», sagt er.
Das Staubkorn hat einen Namen: Inti, nach dem Sonnengott der Inka. Es verbrachte wahrscheinlich fast die gesamten zurückliegenden 4,5 Milliarden Jahre dauergefroren im Kometen „Wild 2“, jenseits der Umlaufbahnen der Planeten. Vor Jahrzehnten störte eine enge Begegnung mit Jupiter die Bahn des Kometen. Er wurde näher zur Sonne gezogen und begann, sich durch ihre Wärme aufzulösen.Im Januar 2004 zog die Nasa-Raumsonde „Stardust“ an „Wild 2“ vorüber und fing Tau- sende Staubkörner mit einer Aerogel-Falle ein, einem glasartigen Material, das wie gefrorener Rauch aussieht. Zwei Jahre später landete eine Kapsel mit dieser empfindlichen Ladung in der Wüste von Utah. Forscher lösten die Staubkörner aus dem Aerogel, legten sie unter ihr Elektronenmikroskop – und waren verblüfft von dem, was sie da sahen.Wissenschaftlern war bekannt, dass sich die Planeten, Kometen und anderen um die Sonne kreisenden Himmelskörper vor 4,5 Milliarden Jahren in einer rotierenden Scheibe aus Staub und Gas gebildet hatten – dem sogenannten Sonnennebel. Lange nahmen sie an, dass sie sich dort formten, wo sie heute um die Sonne kreisen. Im frostigen Gebiet jenseits des Neptun wäre das Material, aus dem sich Kometen hätten bilden können, ein Gemisch aus Eis und lockerem kohlenstoffreichem Staub gewesen. Aber Intis Körner enthalten exotische Mineralien: hartes Gestein und Metalle wie Wolfram sowie Titannitrid, die sich nur bei Temperaturen über 1700 Grad, also nahe der noch jungen Sonne, bilden konnten. Ein gewaltsamer Vorgang musste sie ins äußere Sonnensystem geschleudert haben.
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