Vor dem Großstreik: Kanzlerin drängt auf Schlichtung bei der Bahn
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Vor dem Großstreik: Kanzlerin drängt auf Schlichtung bei der Bahn
Berlin - Erst die Politik, jetzt der Konzern: Die Deutsche Bahn bringt im festgefahrenen Konflikt mit den Lokführern einen Schlichter ins Spiel. Bedingung sei jedoch, dass die GDL den Ausstand absage, sagte Personalvorstand Ulrich Weber in Berlin - wenige Stunden vor Beginn des bislang längsten Streiks in der Konzerngeschichte.
Es ist der Versuch einer Last-Minute-Lösung vor dem Großstreik: Die Deutsche Bahn schlägt der Lokführergewerkschaft GDL eine Schlichtung vor - und erhält Rückendeckung von der Kanzlerin.
Das Angebot, nach dem beide Seiten jeweils einen unabhängigen Schlichter benennen könnten, gelte bis Mittwoch 20 Uhr. Ein neues Tarifangebot werde die Bahn dagegen nicht unterbreiten.Die GDL will ab 15 Uhr den Güterverkehr bestreiken und den Ausstand am Donnerstag um 2 Uhr auch auf den Personenverkehr ausdehnen. Der Streik soll bis Montagmorgen dauern - und hält Deutschland schon jetzt in Atem.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich ein. Sie appellierte an das Verantwortungsbewusstsein aller Parteien. Es müssten Lösungen gefunden werden, "die auch für uns als Land einen möglichst geringen Schaden haben", sagte sie. "Streiks sind eine Möglichkeit der tariflichen Auseinandersetzung, sie haben aber immer die Verantwortung auch verhältnismäßig zu sein."
Merkel betonte, dass ein Streik bei der Bahn Millionen Bürger und auch die Wirtschaft treffe. "Es gibt eine Gesamtverantwortung", sagte die CDU-Chefin. Auch sie verwies auf die Möglichkeit einer Schlichtung und fügte hinzu: "Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Wege gesucht werden, die die Verhältnismäßigkeit möglichst gut wahren."
Zuvor hatten bereits Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und derGrünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter eine Schlichtung gefordert, um den Konflikt beizulegen.
Dobrindt ermuntert Bahn zur Klage
Der Unmut über die Lokführer wächst seit Tagen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte die Bahn auf, gegen den die GDL vor Gericht zu ziehen. "Eine Klage wegen Unverhältnismäßigkeit des Streiks ist im Interesse der Bahnkunden, der Beschäftigten und der Aufrechterhaltung der Güterversorgung in Deutschland geboten", sagte Dobrindt am Mittwoch in Berlin.
Der viertägige Streik sei unverhältnismäßig, die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Tarifauseinandersetzungen werde deutlich überstrapaziert. "Die Deutsche Bahn muss ihre Rechtsposition wahrnehmen und alle Rechtsmittel ausschöpfen", betonte Dobrindt. Die Bahn, die sich zu 100 Prozent in Staatsbesitz befindet, hatte bereits angekündigt, eine Klage zu prüfen.Der Konzern bemüht sich nach den Worten von Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg, während des Ausstands etwa ein Drittel des Fernverkehrs und die Hälfte der Verbindungen im Güterverkehr aufrechtzuerhalten. Im Nahverkehr werde die Bahn voraussichtlich in Westdeutschland 40 bis 60 Prozent der Verbindungen anbieten können. Im Osten würden wohl etwa 20 Prozent der Nahverkehrszüge fahren. Im Güterverkehr versuche das Unternehmen, Kraft- und Stahlwerke sowie die Chemie- und Autoindustrie vorrangig zu bedienen.
In dem Tarifstreit will die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter durchsetzen. Dabei pocht sie auf das Prinzip der Tarifpluralität, demzufolge mehrere Tarifverträge für dieselbe Berufsgruppe möglich sind. Die GDL fordert außerdem fünf Prozent mehr Einkommen und eine kürzere Wochenarbeitszeit.
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